DIE Kolumne


Walsar Panoramabahn
 
Eine witzig-musikalische Nachbetrachtung

Vierstimmig vorgetragen am 30.11.2012 von einer Abordnung des 
Männergesangsvereins Fischen in der Wandelbar des Casino Kleinwalsertal
Text: Hans-Peter Schmid
Melodie: Volksweise aus Österreich

Jeda tüet so güet a ka,
manch Walsar will a nuie Bah (n),
die uine wänd a haile Wealt,
die ôndre blôß mea Geald.

Schuldeg isch die KBB,
dear isch glii, ob wiescht ob schi,
Höüptsach i de Kassa klingt’s,
de echte Walsar stinkt’s
de echte Walsar stinkt’s.

Vum Hôarn iber’s Schwarzwassertal,
soll se gông uf jedan Fall.
Wünschtrôm Panoramabahn,
haißt dea groaßa Wahn.

He, dir Walsar , lôsed hea,
ôhne die´ gôht gar nix mea.
40 Milliôna git es g’schenkt,
a Schelm, wô dô beas denkt.

Gott sei Dank, git’s dô no Lit,
süeched absolut kuin Strit.
Zu deana g’heart uf jedan Fall,
önscher Keßler Karl.

Ea isch geg dean Wahnsinnspla(n),
g’winnt derzüe no manchan Ma,
seit klar was die Natür isch weart,
so dass jeda heart.

A Riss gôht dur des Walsartal   
S‘ Volk stimmt ab, üf jedan Fal‘,
net gli wie öü die Wahl üsgôht,
a jeda derzüe schtôht.

S’ Ergebnis huit a jeda kennt,
Lob de 55 Prozent.
Geabed aber jetzt a Rüeh
und schtôndet öü derzüe.
 
 
 
26.09.2012, Heinz Sternke

Allgäuer Zeitung, jüngere Stellungnahmen zur Panoramabahn

Kurz vor der Volksabstimmung betreiben Bergbahn-AG und andere Befürworter der Panoramabahn weitere Werbung für deren Realisierung. Natürlich ist das ihr gutes Recht. Verwunderlich ist nur, dass sie selber der bis dahin von ihr betriebenen Vorarbeit nicht recht zu trauen scheinen. Anders ist kaum zu erklären, dass sie jetzt z.T. neue Hebel ansetzen. Offenbar haben die bislang verwendeten Stammtische mit handverlesenen Teilnehmern, Gutachten usw. für sie zu wenig Wirkung gezeigt.
Das ist zumindest der Eindruck, der beim Lesen  der jüngsten in der Allgäuer Zeitung veröffentlichten Stellungnahmen entsteht.
So meint die Initiative Pro Panoramabahn: "Wir müssen wieder dahin zurück, wo wir touristisch herkommen" (AZ vom 25.8.: Perspektive für junge Leute). Den Widerspruch zwischen dieser Aussage und ihrem Namen "Zukunft Kleinwalsertal" bemerkt sie offenbar nicht. Morgen mit Konzepten von gestern gestalten? Fakt ist doch, dass der klassisch-alpine Skilauf allgemein an Akzeptanz verliert und große Destinationen der Alpen in die Zukunft weisende Alternativen entwickelt haben - ohne eine weitere Verdrahtung der Natur. Bedenklich im gleichen Artikel ist m.E. die Aussage „Wenn die Modernisierung nicht kommt, sind wir weg vom Fenster“, da sie rational nicht nachvollziehbar ist und lediglich Ängste gerade bei den angesprochenen jungen Leuten geschürt werden. Bergbahn-Vorstand Augustin Kröll dagegen: „Die Kunst den Bürger mit rationalen Argumenten zu erreichen ist eine große Herausforderung für einen Unternehmer“ (Panoramabahn: Entscheidung steht bevor, AZ vom 20.9.). Wie wahr! Nur wird er dem so formulierten Anspruch in keiner Weise gerecht. Die Bergbahn-AG ließ gerade eine Woche zuvor Bilder veröffentlichen (Neue Bilder sollen die Gegner überzeugen, AZ vom 13.9.). Sie haben ganz offensichtlich das Ziel, den Betrachter durch die gewählte Perspektive (zumeist von der Seite und aus der Luft!) von der Harmlosigkeit der geplanten Eingriffe in die Natur zu überzeugen, ja dem Projekt einen grünen Charakter zu verleihen. Gleiches gilt für die im Internet aufrufbaren weiteren Fotos, Computeranimationen und Fotomontagen: wer dabei die Weitwinkelperspektive benutzt und das Ergebnis mit dem Kommentar "In Wirklichkeit ist das Seil noch dünner" versieht, kann als einzige Reaktion eigentlich nur noch Spott erwarten.
Wenn die Panoramabahn erst einmal fertiggestellt sein wird und reale, „neue Bilder“ gemacht werden können, wird es nutzlos, da zu spät sein, die erkennbaren Eingriffe in die Natur zu bedauern.


23.08.2012, Wolfgang Burgstaller, Psychotherapeut

Panoramabahn und die verkehrstechnischen und massentouristischen Konsequenzen

Als Oberstdorfer, der das Walsertal mit seinem einzigartigen Ifengebiet sommers wie winters gerne aufsucht sind mir die Ausbaupläne der Bergbahnen ein Greuel, gehen sie doch eindeutig in Richtung Massenskitourismus a la Fellhorn, Kanzelwand.
Viele Oberstdorfer gehen deswegen gerne an den Ifen und aufs Horn, weil man dort noch in Ruhe das Skifahren und das Wandern genießen kann und ich denke das Gleiche tun auch viele Walser und Gäste, die diese Massen nicht wollen. „Schöne Aussichten“ mit fünfhundertneunundneunzig anderen Gästen auf dem Alpbord zu sitzen? Wollt Ihr Walser das wirklich?
Die Schwebebahn ist für mich ein Attraktivitätsmagnet, ähnlich dem Eifelturm in Paris:“ das muss ich erlebt haben, da muss ich hin.“ Eine bessere Einladung für möglichst viele Tagesgäste, kann man eigentlich nicht bauen. Was sich dann im Tal an Verkehr abspielen wird kann jeder vernünftige Mensch schon jetzt im Stillachtal an schönen Winterwochenenden besichtigen: Verkehrslawinen.
Die Beschränkung von Tagesgästen über die Ausgabe einer kontingentierten Anzahl von Tageskarten, Verkehrslenkungsmodelle, etc. – all das sind nur gezielte Versuche die Tatsache zu verschleiern, dass die Massen die Talachse restlos verstopfen werden. Damit wird die touristische Qualität, die die Gäste jetzt vorfinden massiv beeinträchtigt und Gäste werden in andere attraktive Gebiete abwandern, wo es ruhiger ist.
Die Marke „Erlebe das Original“, mit der sich das Walsertal bisher zurecht von anderen Destinationen abhebt, wird mit dieser Entscheidung für Massentourismus im Ifen und im Walmendingerhorngebiet (eine entsprechende Kapazitätserhöhung wird dort sicher auch noch kommen)  massiv beschädigt werden.
Und jetzt noch aus meine beruflichen, therapeutischen Sicht möchte ich sagen : weniger ist oft mehr. Was viele Menschen heute suchen ist Entspannung, Naturerleben, Begegnung; das was heute unter Sanftem Tourismus firmiert: naturnahes, ruhiges Skifahren. In Davos wird das z.B. unter Slow mountain angeboten. Da könnte dann auch therapeutisches Skifahren für Menschen, die Ängste, psychische Probleme, Burn-Out haben am Ifen einen guten Platz finden. Es geht aus meiner Sicht um individuelle, qualitativ hochwertige Angebote für Gäste, die eine Zeit lang hier bleiben, verweilen möchten. Das würde doch gut zum Ifen und dieser wunderschönen Natur passen.


16.08.2012, Karl Keßler

Volksabstimmung im Zeitfenster der Diskussion um mehr Demokratie

© Andreas Riedmiller
Im Herbst werden die Kleinwalsertalerinnen und Kleinwalsertaler in geheimer Wahl abstimmen, ob sie die Panoramabahn am Ifen wollen oder nicht. Für die Entscheidungsträger in Bregenz geht es dabei um die Feststellung, ob für den Bau der Panoramabahn „Öffentliches Interesse“ besteht. Das Ergebnis kann im Vorfeld des Entscheidungsprozesses eine wichtige Rolle spielen.

Diese Volksabstimmung wird aus Vorarlberger Sicht besonders aufmerksam beobachtet:
  • Noch nie haben sich Bürgerinnen und Bürger so massiv gegen eine Seilbahn gewehrt.
  • Noch nie hat es in Vorarlberg zum Bau einer Seilbahn eine Volksabstimmung gegeben.
  • Noch nie wurde hierzulande einer Seilbahn zugestimmt, die ein Tal in der Größe des Schwarzwassertals überspannt. Und das in über 200 Metern Höhe und auf knapp 3 Kilometer Länge.
  • Die Antragsteller für die Volksabstimmung über die Panoramabahn kommen aus der Tourismusbranche. Sie sind erfolgreiche, anerkannte und innovative Hoteliers in Mittelberg. Sie kommen ihren Hausaufgaben im Investitionsbereich ständig nach. Sie setzen in ihrem Zukunftskonzept u. a. auf Ehrlichkeit und Respekt gegenüber der Natur und sehen beim Bau der Panoramabahn am Ifen große Nachteile.
  • Die Antragsteller sind beide Mitglieder des Gemeindevorstands.

Die Diskussion um Bürgerbeteiligungen in Vorarlberg und in Österreich hat in den vergangenen Wochen einen neuen Höhepunkt erreicht. Korruptionsskandale haben einen enormen Vertrauensverlust in die Grundwerte der Demokratie bewirkt. Dominante Schlagzeilen prägen die Medien. „Direkte Demokratie“, „Mehr Entscheidungskraft für das Volk“, „Demokratie nach Schweizer Vorbild“, „Mehr Selbstbestimmung“. Ein österreichischer Journalist hat vor kurzem Volksentscheide als „die edelste Form der Demokratie“ bezeichnet.
In dieser Phase einer noch nie da gewesenen Politikverdrossenheit darf man der weiteren Diskussion über Volksabstimmungen aufmerksam entgegen sehen.

 
28.11.2011, Dr. Rüdiger Merz

Ein bemerkenswerter Unsinn

In seinem „Standpunkt“ in der Allgäuer Rundschau vom 22. Oktober 2011 bricht der Redakteur Hermann König eine Lanze für das Konzept der Bergbahnen, das Ifen Skigebiet über eine das Schwarzwassertal überspannende Panoramabahn mit dem Walmendinger Horn zu verbinden. Ein Eingriff in die Natur liege nicht vor, wenn eine „kaum wahrnehmbare Stütze“ und das „Fundament für die Bergstation“ gebaut würden. Und von einem Eingriff in die Landschaft könne nicht gesprochen werden, weil „das Tal überspannt nur das Seil“.

Die von den Bergbahnen prognostizierten zusätzlichen Skifahrer blendet der Verfasser bei seiner naiven „Naturverträglichkeitsprüfung“ ebenso aus wie das am Fuße des Ifen geplante 600 Personen Restaurant. Darüber hinaus soll angeblich die Panoramabahn die Verkehrsbelastung im Tal deutlich verringern. Die Antwort auf die naheliegende Frage, wie das geschehen soll, bleibt der Autor schuldig. Auch die immer wieder von den Bergbahnen und Gemeindevertretern zitierte Metron Studie gibt hierauf keine Antwort, weil sie lediglich die Verkehrsströme zwischen den einzelnen Skigebieten im Kleinwalsertal näher untersucht. Trotzdem stellt die Studie fest, "dass die Schwarzwassertalstraße bis an die Kapazitätsgrenze ausgelastet sein wird". Fast beschwörend heißt es: "Auch bei einem Ausbau des Ifen soll das Verkehrsaufkommen auf der Schwarzwassertalstraße beherrschbar bleiben". Als "Lösung" bietet die Studie die polizeiliche Sperrung der Schwarzwassertalstraße an, sobald der Parkplatz an der Auenhütte voll ist. Das dann mit Sicherheit im gesamten Tal eintretende Verkehrschaos scheint einer weiteren Begutachtung nicht würdig zu sein.

Zum Glück wird immer mehr Menschen bewusst, dass sich der Tourismus im Kleinwalsertal an einem Scheideweg befindet. Soll man den Plänen der Bergbahnen folgen, die den Skifahrer mit Superlativen zu locken versucht („das Höchste“), oder bekennen sich die Kleinwalsertaler zu einer eigenständigen Strategie, die den Übernachtungsgast das ganze Jahr über im Fokus hat („Erlebe das Original“)? Das Konzept des Schneller, Größer und Höher geht an der heutigen Lebenswirklichkeit vorbei. Früher weckte die Monotonie der Arbeitswelt die Sehnsucht nach Action, die im Urlaub ausgelebt werden wollte. Heute sucht der stressgeplagte und burn-out gefährdete Übernachtungsgast Ruhe, Entspannung und Entschleunigung. Doch nicht nur das: Der Gast legt zunehmend Wert auf den verantwortungsvollen und nachhaltigen Umgang mit Natur und Umwelt.

Die „Massenflucht auf Tourenski“ (SZ vom 22. Januar 2011), immer mehr „Tempo 30 Skigebiete“ (zuletzt in der Jungfrau Region am Männlichen und im Gebiet Grindelwald-First) und ganze Regionen, die sich dem sanften Wintertourismus verschreiben, geben die Richtung vor. Ganz aktuell haben sich 24 Ferienregionen der Alpen in der Kooperation "Alpine Pearls" zusammengeschlossen und bieten umweltbewussten Urlaub an. Im Projekt "Bergsteigerdörfer" des Österreichischen Alpenvereins setzen 17 österreichische Alpendörfer auf ökologisch verträgliche und nachhaltige Tourismusformen als Gegengewicht zum Wettrüsten mit Hotels, Liften und Bahnen. 

Verkehrschaos und das rücksichtslose Verbauen eines der schönsten Berggestalten der Nordalpen passen nicht zum Tourismus der Zukunft. Für die Bergbahnen ist diese Entwicklung bestandsgefährdend. Kein Wunder, dass die Bergbahnbetreiber auf die Kritik an ihren Ausbauplänen am Ifen zunehmend  nervös reagieren. Wenn sich die wirklich zukunftsfähigen Tourismuskonzepte auch bis ins Kleinwalsertal herumgesprochen haben, bedeutet dies das endgültige Aus für die Panoramabahn. Daher soll nun die Verbindungsbahn nicht erst 2018 umgesetzt werden, sondern bereits 2014.


20.10.2011, Anton Amann und Karl Keßler

Verbauung des Ifens im öffentlichen Interesse?

Die Kleinwalsertaler Bergbahn AG und ihre Eigentümer wollen die Gemeinde wiederholt auffordern, für die Erweiterung am Ifen „öffentliches Interesse“ zu bekunden. Da ein so formuliertes Anliegen dem gewünschten Beschluss eine bestimmte Richtung vorgibt, müssen kritische Fragen erlaubt sein, was mit diesem öffentlichen Interesse gemeint sein könnte.
Der naheliegende Gedanke ist, dass damit das Gemeinwohl gemeint ist. Der lateinische Ausdruck „salus publica“ heißt ganz klar: das gemeine Beste für eine Gemeinschaft. In diesem Sinn ist Gemeinwohl ein Gegenbegriff zu Einzelinteresse, es ist der gemeinsame Nutzen, der allen zugute kommt und deshalb ein Gut, an dem alle Interesse haben.
Ist es im öffentlichen Interesse, ein geschütztes Tal mit einer Bahn zu überspannen? Ist es im öffentlichen Interesse, im einzigen Walser Schutzgebiet Gebäude zu erstellen, die gar nicht notwendig sind? Ist die Verbauung des Alpbords im öffentlichen Interesse? Ist es im öffentlichen Interesse, auf dem Alpbord ein Restaurant zu errichten, obwohl mit Auenhütte, Ifenhütte und Bergadler bereits ausreichend Gaststätten in dieser lokalen Bahnregion zur Verfügung stehen? Ist der Sommerbetrieb auf das Alpbord im öffentlichen Interesse, obwohl in der Region Oberstdorf - Kleinwalsertal schon jetzt genügend Möglichkeiten zur Beförderung auf den Berg angeboten werden? Ist es im öffentlichen Interesse, die Fahrgäste noch näher und schneller in die äußerst sensible Ifenregion zu transportieren?
Oder wurde und wird beim vorliegenden Antrag unter dem Deckmantel „Öffentliches Interesse“ wirtschaftliches Interesse eines Unternehmens öffentlich bekundet?
Öffentliches Interesse geht vor Einzel- und Gruppeninteresse. Aber: heißt das schon Kooperation, unter dem Scheinvorwand des öffentlichen Interesses das Eigeninteresse durchsetzen zu wollen? Das mag in der jetzigen Situation vielleicht mutig und selbstbewusst sein, klug ist es nicht. Es ist deshalb nicht klug, weil eine einzelne Gruppe nie bestimmen kann, was das Wohl aller ist.

Zeichnung von D. Willand, aus: Alte Sprichwörter, 2003
Ums Geald macht ba dem Teifl a Masche as Fidle

20.09.2011, Anton Amann

Demokratie und freie Rede

Die Legende erzählt von einem Volk, das frei und unabhängig seine eigenen Angelegenheiten in die Hand nahm und sich niemandem beugte. Diese Menschen berieten sich öffentlich und ihre Vertreter sperrten sie, wenn nötig, so lange in eine Hütte, bis sie zu Urteilen kamen, die alle annehmen konnten. Zu dieser Zeit war es ein Volk der Hirten und der Bauern.

Später, erzählt die Legende, kamen die Landvermesser, Steuereintreiber und Schuldenspezialisten, es wurden Schatzhäuser gebaut und große Förderbänder, auf denen alles, vor allem Menschen befördert werden konnten. Hier fanden nun viele Beschäftigung als Ober und Techniker, Aufpasser und Diener - leichtere Arbeit als jene im Wald und auf dem Feld. Zum ersten Mal war es nun so weit, dass die in den Schätzhäusern und am großen Förderband mehr zu sagen hatten als alle anderen, sogar jene, die das herstellten, was alle zum Leben brauchen. Zum ersten Mal war es so weit, dass Menschen ängstlich nachzusinnen begannen, wie man unauffällig bleiben könne und bei der Elite nicht anecken würde. Zur Elite zählten damals alle, die in den Schatzhäusern und bei den Förderbändern mächtig waren, und jene, die Geld, große Häuser und viel Boden hatten, den das große Förderband brauchte, das über allen Förderbändern stand.

Dann, berichtet die Legende weiter, beschloss die Elite, ihre Schatzhäuser zu leeren und mit dem ganzen Gold und Silber ein Förderbandkarussell zu bauen, wie das Volk noch nie eines gesehen hatte. Es sollte ein riesiges Mahnmal für die grenzenlose Weisheit der Elite werden. Natürlich führte dieses Vorhaben im Volk zu heftigen Diskussionen und zu Meinungsverschiedenheiten. Allerdings gelang es nie, genau zu zählen, wie viele dafür oder dagegen waren. Nun hätte man erwarten sollen, dass alle sich frei geäußert hätten – die freie Rede ist ja der Kern der Demokratie und die kannte das Volk zu der Zeit schon lange. Doch nein: Plötzlich gab es viele, die anonym bleiben wollten und nur verstohlen hinter vorgehaltener Hand sich gegen die Pläne der Elite äußerten. „Ich habe einen Schwiegersohn im Schatzhaus, da darf ich nichts sagen, das kann ich mir nicht leisten“, meinte einer. „Meine Schwester arbeitet beim großen Förderband, da ist es mir zu gefährlich, öffentlich zu kritisieren“, sagte eine andere. Deutlich kam heraus, dass viele Angst hatten, offen und klar heraus zu sagen, was sie dachten. Doch woher kam die Angst? Sie kam, zu Recht oder nicht, aus der Abhängigkeit der Menschen von der Elite und aus der Befürchtung, dass ein offenes Wort Schaden bringen könnte, wenn man mit Schatzhaus und Förderband allzu eng verbunden war.

Seltsam aber war, so berichtet die Legende zum Schluss, dass das Volk seine Vertreter aufforderte, über das Vorhaben der Elite abzustimmen und dabei erst merkte, dass fast ein Drittel dieser Vertreter befangen war, weil sie in den Schatzhäusern und beim großen Förderband auf wichtigen Posten saßen. Man begann sich sogar zu fragen, ob alle genau wüssten, was Befangenheit heißt. Ärgerlich schließlich war, dass manche aus der Elite Leute aus dem Volk verbal bedrohten, die ihre eigenen Interessen verteidigten, und dass Staatsdiener die geltenden Einspruchsrechte kritisierten, weil damit dauernd nur Arbeit für die Bürokratie verbunden sei.

Als das alles herauskam, erschrak das Volk und entließ seine Elite. Es hatte gerade noch rechtzeitig erkannt, dass die langjährige Abhängigkeit von dieser Elite es beinahe um das Bewusstsein über den wahren Wert der Demokratie und der freien Rede gebracht hätte.

Hier endet diese alte Legende - und wir wissen ja, dass Legenden eine mit dem Märchen und der Sage verwandte literarische Gattung sind.


01.08.2011, Karl Keßler

Der Generationenvertrag
Anmaßung oder scheinvertragliche Zumutung für künftige Generationen?

Sommerbetrieb zum Alpbord: ja oder nein?
VOR allen anderen Entscheidungen muss die Überlegung stehen, ob wir die Einzigartigkeit unserer Landschaftsperle Ifen erhalten und die Verordnung des Schutzgebietes akzeptieren wollen. Geben wir dem ehrlichen, wirksamen und nachhaltigen Schutz den Vorzug, ist schon vorab der Sommerbetrieb ganz klar abzulehnen. In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Wanderer vervielfacht. Wer an Schönwettertagen über Gottesacker und Kürental wandert, kann dies bestätigen. Mit der Station auf dem Alpbord würde die Erreichbarkeit des Plateaus erleichtert. Die Vorstellung, auf dem Gottesacker dieselben Karawanen wie auf dem Fellhorngrat zu sehen, kann nicht im öffentlichen Interesse sein. Für diese Erkenntnis braucht es kein Gremium und keine Vertragspartner, die nachträglich versuchen herumzujustieren.

Die Entscheidung über den Sommerbetrieb fällt nicht im Walsertal, sondern bei der zuständigen Behörde in Bregenz. Die Gemeinde wird eine Stellungnahme abgeben. Sollte sich die hartnäckige Begehrlichkeit der Betreiber durchsetzen, haben die Zuständigen abzuwägen zwischen

a) wirtschaftlichen Interessen und
b) den sich nachhaltig auswirkenden Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft in einem überregional einzigartigen Gebiet (Landesregierung, Zahl: IVe -151.84).

Zwei Sichtfenster sind denkbar:
1.    Der Sommerbetrieb wird nicht genehmigt. Der Vertrag ist hinfällig. Es gibt nichts nachzujustieren, die Vertragspartner haben keine Zuständigkeit.
2.   Der Sommerbetrieb wird genehmigt. Ein Unternehmen, das in finanzieller Hinsicht an die Grenzen seiner Möglichkeiten geht (Der Walser, 1. Juli 2011), kann das Rad nicht mehr zurückdrehen. Die Vertragspartner müssen sich über Generationen den auferlegten Zwängen der Betreiber unterwerfen. In einem solchen Pseudovertrag haben die Partner lediglich ein Mitspracherecht über zweitrangige und belanglose Dinge.

Der so genannte Generationenvertrag löst keine Probleme. Unter diesem Deckmantel mit allfälligen Scheinlösungen sollen die nachteiligen Auswirkungen verniedlicht und verharmlost werden.

Menschengewühl und Ballermann auf dem Alpbord?

oder

Wanderer, die nach den Anstrengungen des Aufstiegs die einzigartige Besonderheit des Naturerlebnisses Ifen schätzen?

Wenn wir einen Vertrag machen, ist es schon zu spät. Diese Geringschätzung hat unser Ifen nicht verdient!

  
28.07.2011, Anton Amann
 
Generationenvertrag – wer sind die Vertragspartner?

Am 1. Juli 2011 war im Walser zu lesen, dass es einen „Generationenvertrag für den Sommerbetrieb am Ifen“ geben werde und dass dafür ein „repräsentatives Gremium“ zu bilden sei. Das Gremium solle gemeinsam mit den Bergbahnen die Diskussionsgrundlage bestimmen und dann mit der Bevölkerung über deren Vorstellungen diskutieren. So weit ist das ja eine übliche Vorgehensweise. Wenn wir uns aber überlegen, was das alles bedeuten könnte, wird es schwierig.

Im streng juristischen Sinn, so hoffe ich, ist das Wort „Generationenvertrag“ hier nicht zu verstehen, und als politisches Signal ist es auch nicht sehr geeignet. Dass der eine Vertragspartner die Bergbahn AG wäre, ist ja leicht denkbar, aber wer sind die „Generationen“? Die heute 10- bis 25-Jährigen, die in 15 bis 30 Jahren die für das Tal Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Kultur sein werden? Oder die heute 40- bis 60-Jährigen, die in 20 Jahren sowieso nichts mehr zu sagen haben werden? Also: Mit wem wollen die Bergbahnen einen Vertrag? Geht es da gar nicht um Generationen, ist das Wort nur auf Gimpelfang aus? Soll da die heutige Gemeindevertretung einen Vertrag unterzeichnen, der in zehn Jahren immer noch bindend sein wird, obwohl es vielleicht dann eine Gemeindevertretung geben wird, der betriebswirtschaftliche Monumentalphantasien im Tourismus, nicht nur beim Bergbahnthema, längst zum Halse heraushängen? Ein solcher Vertrag liefe für die künftige(n) Generation(en) auf einen Knebelvertrag hinaus – vor allem für jene, die heute noch gar nicht gefragt werden können. Ein solcher Vertrag könnte ein feindlicher Angriff auf die Interessen unserer Kinder und Enkel sein. Und wenn es nicht streng um einen Vertrag geht, ist das Wort vom Generationenvertrag sowieso politisch irreführend. Es gilt in Österreich seit Jahrzehnten als Fachausdruck für ganz bestimmte Teile der Politik der sozialen Sicherheit und des Ausgleichs zwischen den Generationen.

Wenn es aber, was auch nahe liegt, um eine allgemeine Vorstellung des Erhalts der Erde und der Natur für kommende Generationen im Kleinwalsertal geht, dann weg mit dem Wort Vertrag. Stattdessen müsste dann über Verantwortung, Wahrhaftigkeit und Redlichkeit gesprochen werden, und man muss die gegenwärtigen Interessen gegen künftige abwägen.

Es ist mit solchen Schlag- und Fangwörtern immer eine gewisse Gefahr verbunden, weil sie meist zu unbestimmt sind und damit Auslegungen nach allen Seiten hin möglich machen. Das aber ist eine alte Weisheit: Wenn etwas vielseitig ausgelegt werden kann, behält der Recht, der am lautesten ist oder an den großen Rädern drehen kann. Nichts macht das doch deutlicher als die Tatsache, dass im Februar 2011 die Bergbahnen noch „für alle Vorschläge offen“ gewesen waren, am 1. Juli 2011 aber gesagt wurde, dass sich Errichtungs- und Betriebskosten nur über das „Gesamtpaket“ vertreten ließen, und dass in dieses Gesamtpaket eine Verbindung zwischen Heuberg-Parsenn und Ifen nicht gehöre. Werden sich jetzt alle die Einheimischen rühren, die im Frühling 2011 noch fest daran glaubten, diese Verbindung vom Heuberg aus wäre eine echte Alternative und über die könne man reden?


21.07.2011, Anton Amann

Mehrheiten haben selten recht

Die Bergbahnen wollen „den überwiegenden Teil der Bevölkerung“ hinter ihrem Projekt wissen („Der Walser“, 1.7.2011, S. 5). Das ist klar und die Leute sind ja auch nicht dumm. Denn gegen eine Mehrheit zu entscheiden, bringt immer Probleme. Was heißt aber Mehrheit, wenn wir es etwas genauer betrachten? Mir stehen vier Gruppen vor Augen: Jene, die direkt am Projekt verdienen. Jene, die hoffen, dadurch etwas zu verdienen. Jene, die nichts verdienen werden, aber der Meinung sind, dass ein weiterer Ausbau des Tourismus in der Art und Weise, wie es in den letzten vierzig Jahren passiert ist, auch die Lösung für die Zukunft sein müsse. Jene, denen das Projekt im Prinzip wurscht ist, weil sie meinen, dass sie sowieso nicht gefragt würden, und denen es auf ein paar Alpenrosen mehr oder weniger nicht ankommt (Ausspruch eines Bergbahnbediensteten). Und damit haben wir, fürchte ich, eine deutliche Mehrheit zusammen.

Wie schaut dann die andere Seite aus? Da gibt es auch verschiedene Gruppen, aber die sind eher klein. Jene, denen der Naturschutz eine Verpflichtung im Interesse künftiger Generationen ist. Jene, denen eine unbeschädigte Natur am Herzen liegt. Jene, die einen immer weiteren Ausbau des Tourismus im herkömmlichen Stil nicht als Lösung für die Zukunft ansehen. Jene, die nicht glauben, dass die Welt nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu sehen sei. Und damit haben wir, fürchte ich, eine deutliche Minderheit zusammen.

Die Argumentelage ist klar: Die Mehrheit sagt, dass wir das Projekt in der Form brauchen, die Minderheit sagt, dass wir es in der Form nicht brauchen. Was wird nun in weiterer Folge passieren? Da ist es am einfachsten, wir nehmen als Beispiel das, was uns in unserem Land ohnehin in jeder Legislaturperiode vorexerziert wird. Zuerst gibt es die großen Versprechungen: Für alle Menschen und nur zum Wohl der Bürger und Bürgerinnen und weil es allen gut geht, wenn es der Wirtschaft gut geht. Dann kommt die Realität und die besteht darin, dass Abstriche gemacht werden und Versprochenes nicht eingehalten wird. Schließlich stellt sich dann heraus, dass für alle Versprechungen das Geld nicht gereicht hat, und weil es nicht gereicht hat, musste unter der Hand noch einiges umdefiniert werden, was so nie zur Debatte gestanden war.

Hat schon jemand darüber nachgedacht, was das heißt, dass der Bahn-Vorstand der Bergbahnen in finanzieller Hinsicht „an die Grenzen unserer Möglichkeiten“ geht („Der Walser“, 1.7.2011, S. 5)? Dass es „kein Abrücken von der geplanten Panoramabahn als Verbindung zwischen Walmendingerhorn und dem Ifen“ gibt („Der Walser“, 1.7.2011, S. 5)? Bis an die Grenzen gehen Spekulanten oder Leute, die in Panik sind, aber keine gestandenen Ökonomen. Dass die Panoramabahn unverzichtbar ist, hat damit zu tun, dass mit ihr die wahre cash-cow geboren wird. Das alles klingt für mich wie eine Generalabsolution für später erst zu gestehende Sünden. Jedenfalls erinnert mich die ganze Geschichte fatal an den Satz von Oscar Wilde, dass die Menschen von allem nur noch den Preis und von nichts mehr den Wert kennten. Der reine Zynismus, der mich äußerst misstrauisch stimmt.

Weshalb haben nun Mehrheiten selten recht? Weil sie sich auf Argumente, die ihnen nicht schmecken, aber trotzdem sinnvoll sind, nicht einlassen müssen, und Entscheidungen auch gegen sie fällen können. Damit ist meistens nicht der Sache gedient, sondern den Interessen derer, die die Mehrheit hinter sich haben. Und weil sie im Falle, dass sich ihre eigenen Argumente später als falsch herausstellen sollten, sich dann auf die damalige Mehrheit berufen können und damit aus dem Schneider sind. Selbst, wenn das Projekt eine Pleite und alle damit verknüpften Hoffnungen enttäuscht werden sollten, selbst, wenn der letzte Fleck geschützter Natur im Schwarzwasser endgültig verschandelt und zerstört werden sollte – damals, als das Projekt verhandelt wurde, stand die Mehrheit der Bevölkerung dahinter.


14.07.2011, Karl Keßler

Naturschutz für die Katz’?
Alle Argumente auf den Tisch!

Ifen ist nicht Kanzelwand, Ifen ist nicht Walmendingerhorn, Ifen ist nicht irgend ein Seilbahnplatz! Warum?

Er ist das einzige Schutzgebiet im Kleinwalsertal. Mit Unterstützung von weitsichtigen und vorausdenkenden Einheimischen wurde dieses Schutzgebiet in den 1960-er Jahren vom Landratsamt Sonthofen und der Vorarlberger Landesregierung verordnet (siehe Link „Infosammlung“ auf unserer Internetseite). Es umfasst u. a. das ganze linksseitige obere Schwarzwassertal, das Ifenmassiv, die Alpe Auen-Ifen, das Gottes-ackerplateau und den Kürenwald. In der Theorie darf hier nach geltender Gesetzeslage nicht einmal ein Blümchen gepflückt, geschweige mit einem Baufahrzeug zerstört werden. Hier gilt ein anderer Rechtsstatus als in einem Nicht-Schutzgebiet.

Dennoch kann die Entscheidungsbehörde in Ausnahmefällen touristische Eingriffe zulassen. Das war auch beim Bau der bestehenden Ifenbahnen der Fall. Soweit die Fakten.

Dass diese Verordnung von den verantwortlichen Antragstellern und Investoren nicht einmal in einem Nebensatz erwähnt wird, stimmt sehr nachdenklich. Nicht in großen Informationsveranstaltungen, nicht in aufwändigen Informationsbroschüren, nicht bei den „Stammtischen“, nicht bei Presseterminen- und -aussendungen, nicht in persönlichen Gesprächen. Es ist wenig Trost, wenn die Meinungsmacher beteuern, die Natur habe „Vorrang“ und die Eingriffe würden „naturverträglich“ erfolgen. Beides am gleichen Ort geht nicht. Seriosität hat ein anderes Gesicht.

Wir haben für diese Vorgangsweise keine Erklärung. War es mangelnde Information, wurde es ganz einfach vergessen, war es Oberflächlichkeit, soll etwas vertuscht werden, sollen ganzheitliche Informationen der Bevölkerung vorenthalten werden oder ist man für diesen Informationsbereich nicht zuständig?

Schade! Offenheit, Transparenz und weniger einseitige Informationslektionen würden den Plänen am Ifen den Charme einer soliden Informationsstrategie verleihen. Vollständige Information ist ein konstruktiver Beitrag zur objektiven Meinungsfindung. Die Chance auf ein vertrauenerweckendes „Miteinander“ bleibt ungenutzt.
Diese Geringschätzung hat unser Ifen nicht verdient. Schade!