Am 21. Oktober 2012 hat die
Bevölkerung des Kleinwalsertals entschieden, ob sich die Gemeinde für oder
gegen den Bau der Panoramabahn am Ifen einsetzen soll.
„Soll die Gemeinde Mittelberg alle rechtlichen und politischen Schritte setzen, die geplante Panorama-Bahn zu verhindern?“
Auf der Homepage der Gemeinde Mittelberg sind die Ergebnisse veröffentlicht.
Quelle: Gemeinde Mittelberg |
In
diversen Medien sind verschiedene Reaktionen über dieses Abstimmungsergebnis
veröffentlicht worden, die wir im Folgenden zusammengefasst haben:
Johannes
Rauch, Grünen-Landeschef
„Die
heutige Entscheidung der Kleinwalsertaler gegen die talquerende Panoramabahn
ist klug und weitsichtig. Damit wird der Weg frei gemacht für die bessere
Lösung. Modernisierung muss nicht gleichgesetzt werden mit Wettrüsten.“
„Wir
haben bereits die höchste Dichte an Schiliften und Seilbahnen in ganz Europa,
mehr verträgt unser kleines Land einfach nicht. Jetzt sollten rasch die Weichen
gestellt werden für ein Natura-2000-Gebiet am Hohen Ifen, damit diese
einzigartige Naturlandschaft auch künftig erhalten bleibt.“
Erich
Schwärzler, Umweltlandesrat
Für
Landesrat Erich Schwärzler (ÖVP) ist das Ergebnis der Volksabstimmung im
Kleinwalsertal eine positive Entscheidung im Sinne des Naturschutzes. Die
Bevölkerung habe „Nein“ zur Dimension des Projektes gesagt, aber nicht zur
weiteren touristischen Entwicklung, sagt Schwärzler. Er habe sich stets dafür
ausgesprochen, dass die Bürger, die in der Region leben und arbeiten, über das
Projekt entscheiden.
Walter
Schertler, Tourismusexperte
Der
Tourismusexperte Walter Schertler zeigt sich von der Ablehnung der Panoramabahn
keineswegs überrascht. Die Politik, also der Mittelberger Bürgermeister Andi
Haid, habe ganz offensichtlich kein Gefühl für die Stimmung in der Bevölkerung
gehabt und deshalb eine Niederlage erlitten. Er meint, die Abstimmung könnte
auch wegweisend sein: Man müsse lernen, dass man die Bevölkerung in solche
Pläne von Anfang an mit einbeziehen müsse.
Die
Kleinwalsertaler stünden jetzt vor der Herausforderung, eine Alternative zu
suchen. Neben rein touristischen Aspekten könnte dabei auch das Thema
Nachhaltigkeit eine Rolle spielen, so Schertler. Wenn eine touristische Region
bei einer Wahlbeteiligung von 75 Prozent mit 55 Prozent gegen ein Projekt
stimme, sei das ein klares Zeichen.
Andi
Haid, Bürgermeister Gemeinde Mittelberg
„Das
ist ein klares Ergebnis, das haben wir zu respektieren.“
„Für
das Tal ist es wichtig, dass das Ifengebiet jedenfalls modernisiert und saniert
wird, und es wird eine bestimmte Zeit brauchen bis wir wieder hier die
Gespräche aufnehmen.“
„Alle
müssen das "Nein" der Walser zum Bau der Panoramabahn zwischen dem
Ifen und dem Walmendinger Horn akzeptieren.“
Ludwig
Wucherpfennig (DAV-Vizepräsident)
„Die
Vernunft hat gesiegt. Man muss nicht alles bauen, was technisch möglich ist.
Mit einer Tal überspannenden Seilbahn wäre die einzigartige Karstlandschaft am
Hohen Ifen unwiederbringlich zerstört worden“.
„Ein
Ausbau des Skigebietes muss mit Augenmaß erfolgen. Wir bieten uns an, zusammen
mit dem Oesterreichischen Alpenverein an Konzepten für eine behutsame
Weiterentwicklung der Urlaubsregion Kleinwalsertal mitzuwirken.“
Wolfgang
Beck, Fachgruppenobmann Vorarlberger Seilbahnen
„Ich
bin ehrlich gesagt etwas überrascht und auch irritiert. Die Seilbahnen waren
bisher immer Impulsgeber für Investitionen und für touristischen Fortschritt
und ich bin etwas erstaunt, wie gesagt, dass diesmal diese Chance auf einen
touristischen Fortschritt im Kleinwalsertal so nicht gesehen wurde.“
„Es
war und ist immer wichtig, den Konsens mit der Bevölkerung des Ortes und der
Region herzustellen und sicherzustellen. Das haben wir bisher so gemacht, das
wird in Zukunft auch weiter notwendig sein, vielleicht noch stärker notwendig
sein als bisher.“
Augustin
Kröll, Kleinwalsertaler Bergbahn AG
„Als
erstes möchten wir sagen, dass wir natürlich enttäuscht sind. Wir haben elf
Varianten untersucht, auch mit vielen externen Firmen. Aus unserer Sicht gibt
es keine andere Lösung und für uns heißt das jetzt, die Anlagen so wie sie sind
weiter betreiben.“
„Wir
haben den Ifen erworben vor drei Jahren mit dem Ziel, ein Skigebiet
Kleinwalsertal zu machen. Dieses Ziel haben wir mit einem sehr guten Konzept
auch präsentiert. Leider ist es jetzt nicht dazu gekommen. Wir werden den Ifen
aber sicher nicht verkaufen. Wir kennen auch kein Konzept, das nur annähernd
diesen Anspruch auch erfüllen würde.“
„Kleinwalsertal
hat eine große Chance zur Modernisierung der touristischen Infrastruktur
vertan.“
Katharina
Lins, Naturschutzanwältin
„Diese
klare Meinungsäußerung – das sehe ich zum ersten Mal.“
Hermann
Haller, Hotelier und Initiator der Volksabstimmung
„Ich
habe immer gesagt, wenn man das Volk hört und wenn man es hören will, musste
man es spüren, dass hier im Tal eine ganz andere Bewegung ist und die
Volksabstimmung mit dem heutigen Ergebnis, ich kann nur gratulieren an alle,
die uns auch in diesem Kurs unterstützt haben.“
„Das
Kleinwalsertal steht auf mehreren Beinen.“
Karl
Keßler, Landschaftsschutz Kleinwalsertal
„Die
Kleinwalsertaler haben sich für den Ifen und gegen den Massentourismus
entschieden. Das heißt, der Weg ist offen für Qualität im Tourismus.“
Prof.
Dr. Walter Schertler, Universitätsprofessor für Betriebswirtschaftslehre, war
zu Gast bei Daniel Rein in Vorarlberg Heute am 22.10.2012. Wir haben das
Interview für die Besucher unserer Seite niedergeschrieben:
ORF
(Daniel Rein): Durch
den Volksentscheid im Kleinwalsertal, wird da jetzt der Niedergang des
Tourismus in dieser Region eingeläutet, so wie es die Projektbefürworter
suggeriert haben?
Schertler: Also das wäre weit übertrieben, denn
die Tourismuskompetenz vom Kleinen Walsertal hat ja eine lange Geschichte und
auch der Ausblick scheint mir ein sehr Positiver zu sein. Also von Niedergang
kann keine Rede sein. Aber: wir haben andere Rahmenbedingungen offensichtlich,
als es bisher der Fall war. Das heißt, die Tourismuswirtschaft, vor allem die
Seilbahnwirtschaft, muss wahrscheinlich nicht nur auf die Politik hören,
sondern, wie Luther gesagt hat, dem Volk aufs Maul schauen.
ORF: Welchen Einfluss kann diese
Entscheidung im Kleinwalsertal für künftige Projekte im Land haben?
Schertler: Das wird eine fundamentale Bedeutung
haben. Warum? Weil eben genau diese Volksentscheidung, sprich, dass eine
Gemeinde sich zu 75 % Wahlbeteiligung, einfindet und dann mit 55 % gegen ein
Tourismusprojekt stimmt, ist sicherlich ein Novum. Das bedeutet für mich, dass
die Tourismuswirtschaft hier eine Rahmenbedingung nun beachten muss, die
da lautet: man möge die Bevölkerung in Tourismusprojekte eben von Beginn an
einbeziehen. Das scheint mir sehr, sehr bedeutsam zu sein, vor allem weil das
Kleinwalsertal ja eine Bevölkerungsgruppe hat, die grundsätzlich ja vom
Tourismus abhängt. Also hier gibt es sicherlich neue Entwicklungen, die
beachtet werden müssen in Zukunft, was die Willensbildung betrifft.
ORF: Wie schaut‘s denn aus mit der
Hotellerie, mit den Beherbergungsbetrieben, sind wir da so weit wie wir es bei
den Skiliften auch sind?
Schertler: Die Thematik der Seilbahnen in
Vorarlberg ist eine, die in Richtung Komfortentwicklung gehen kann. Das ist
absolut möglich. Aber das wahre Problem der Seilbahnwirtschaft ist nicht die
Seilbahnwirtschaft und die Erschließungsmöglichkeiten, sondern ist die meistens
mangelnde Infrastruktur, sprich vor allem die Beherberbungskapazitäten, die
nicht vorhanden sind. Denn was nützt es der Vorarlberger Seilbahnwirtschaft in
den Enden unserer Täler – Montafon und Bregenzerwald – zu investieren, um dann
einen Tagestourismus zu realisieren an den Wochenenden. Das kann auch nicht im
Interesse der Seilbahnwirtschaft liegen, weil die Wirtschaftlichkeit niemals
sich einstellen kann. Also wird das wahre Problem, das der Vorarlberger
Tourismus hat – Montafon, Hinterer Bregenzerwald – das sind die Kapazitäten in
der Hotellerie und Pensionen, also Unterbringungsinfrastruktur generell.
ORF: Alles in allem zusammengefasst,
eine gute Entscheidung im Kleinwalsertal aus ihrer Sicht?
Schertler: Ja
Im
Vorfeld zur Abstimmung hat der Landschaftsschutz Kleinwalsertal verschiedene
Anzeigen im Gemeindeblatt "Der Walser" veröffentlicht.
Zeichnung von D. Willand, aus: bi önsch, Ausgabe 03/1980 |