Volksabstimmung


Am 21. Oktober 2012 hat die Bevölkerung des Kleinwalsertals entschieden, ob sich die Gemeinde für oder gegen den Bau der Panoramabahn am Ifen einsetzen soll.

„Soll die Gemeinde Mittelberg alle rechtlichen und politischen Schritte setzen, die geplante Panorama-Bahn zu verhindern?“

So lautete die Frage, die 1.600 Stimmberechtigte im Kleinwalsertal am Sonntag mit „Ja“ beantwortet haben und der Bahn damit eine Absage erteilt haben.2.924 Stimmen wurden abgegeben, das entspricht einer Beteiligung von 74,4 Prozent. Mit „Nein“ beantwortet haben die gestellte Frage 1.316 Stimmbürger und damit 45 Prozent. Sie hätten dem Bahnbau also zugestimmt (Quelle: ORF). 
Auf der Homepage der Gemeinde Mittelberg sind die Ergebnisse veröffentlicht.
  
Quelle: Gemeinde Mittelberg
 




In diversen Medien sind verschiedene Reaktionen über dieses Abstimmungsergebnis veröffentlicht worden, die wir im Folgenden zusammengefasst haben:

Johannes Rauch, Grünen-Landeschef
„Die heutige Entscheidung der Kleinwalsertaler gegen die talquerende Panoramabahn ist klug und weitsichtig. Damit wird der Weg frei gemacht für die bessere Lösung. Modernisierung muss nicht gleichgesetzt werden mit Wettrüsten.“
„Wir haben bereits die höchste Dichte an Schiliften und Seilbahnen in ganz Europa, mehr verträgt unser kleines Land einfach nicht. Jetzt sollten rasch die Weichen gestellt werden für ein Natura-2000-Gebiet am Hohen Ifen, damit diese einzigartige Naturlandschaft auch künftig erhalten bleibt.“

Erich Schwärzler, Umweltlandesrat 
Für Landesrat Erich Schwärzler (ÖVP) ist das Ergebnis der Volksabstimmung im Kleinwalsertal eine positive Entscheidung im Sinne des Naturschutzes. Die Bevölkerung habe „Nein“ zur Dimension des Projektes gesagt, aber nicht zur weiteren touristischen Entwicklung, sagt Schwärzler. Er habe sich stets dafür ausgesprochen, dass die Bürger, die in der Region leben und arbeiten, über das Projekt entscheiden.

Walter Schertler, Tourismusexperte 
Der Tourismusexperte Walter Schertler zeigt sich von der Ablehnung der Panoramabahn keineswegs überrascht. Die Politik, also der Mittelberger Bürgermeister Andi Haid, habe ganz offensichtlich kein Gefühl für die Stimmung in der Bevölkerung gehabt und deshalb eine Niederlage erlitten. Er meint, die Abstimmung könnte auch wegweisend sein: Man müsse lernen, dass man die Bevölkerung in solche Pläne von Anfang an mit einbeziehen müsse.
Die Kleinwalsertaler stünden jetzt vor der Herausforderung, eine Alternative zu suchen. Neben rein touristischen Aspekten könnte dabei auch das Thema Nachhaltigkeit eine Rolle spielen, so Schertler. Wenn eine touristische Region bei einer Wahlbeteiligung von 75 Prozent mit 55 Prozent gegen ein Projekt stimme, sei das ein klares Zeichen.

Andi Haid, Bürgermeister Gemeinde Mittelberg
„Das ist ein klares Ergebnis, das haben wir zu respektieren.“
„Für das Tal ist es wichtig, dass das Ifengebiet jedenfalls modernisiert und saniert wird, und es wird eine bestimmte Zeit brauchen bis wir wieder hier die Gespräche aufnehmen.“
„Alle müssen das "Nein" der Walser zum Bau der Panoramabahn zwischen dem Ifen und dem Walmendinger Horn akzeptieren.“

Ludwig Wucherpfennig (DAV-Vizepräsident) 
„Die Vernunft hat gesiegt. Man muss nicht alles bauen, was technisch möglich ist. Mit einer Tal überspannenden Seilbahn wäre die einzigartige Karstlandschaft am Hohen Ifen unwiederbringlich zerstört worden“.
„Ein Ausbau des Skigebietes muss mit Augenmaß erfolgen. Wir bieten uns an, zusammen mit dem Oesterreichischen Alpenverein an Konzepten für eine behutsame Weiterentwicklung der Urlaubsregion Kleinwalsertal mitzuwirken.“

Wolfgang Beck, Fachgruppenobmann Vorarlberger Seilbahnen 
„Ich bin ehrlich gesagt etwas überrascht und auch irritiert. Die Seilbahnen waren bisher immer Impulsgeber für Investitionen und für touristischen Fortschritt und ich bin etwas erstaunt, wie gesagt, dass diesmal diese Chance auf einen touristischen Fortschritt im Kleinwalsertal so nicht gesehen wurde.“
„Es war und ist immer wichtig, den Konsens mit der Bevölkerung des Ortes und der Region herzustellen und sicherzustellen. Das haben wir bisher so gemacht, das wird in Zukunft auch weiter notwendig sein, vielleicht noch stärker notwendig sein als bisher.“

Augustin Kröll, Kleinwalsertaler Bergbahn AG 
„Als erstes möchten wir sagen, dass wir natürlich enttäuscht sind. Wir haben elf Varianten untersucht, auch mit vielen externen Firmen. Aus unserer Sicht gibt es keine andere Lösung und für uns heißt das jetzt, die Anlagen so wie sie sind weiter betreiben.“
„Wir haben den Ifen erworben vor drei Jahren mit dem Ziel, ein Skigebiet Kleinwalsertal zu machen. Dieses Ziel haben wir mit einem sehr guten Konzept auch präsentiert. Leider ist es jetzt nicht dazu gekommen. Wir werden den Ifen aber sicher nicht verkaufen. Wir kennen auch kein Konzept, das nur annähernd diesen Anspruch auch erfüllen würde.“
„Kleinwalsertal hat eine große Chance zur Modernisierung der touristischen Infrastruktur vertan.“

Katharina Lins, Naturschutzanwältin 
„Diese klare Meinungsäußerung – das sehe ich zum ersten Mal.“

Hermann Haller, Hotelier und Initiator der Volksabstimmung 
„Ich habe immer gesagt, wenn man das Volk hört und wenn man es hören will, musste man es spüren, dass hier im Tal eine ganz andere Bewegung ist und die Volksabstimmung mit dem heutigen Ergebnis, ich kann nur gratulieren an alle, die uns auch in diesem Kurs unterstützt haben.“
„Das Kleinwalsertal steht auf mehreren Beinen.“

Karl Keßler, Landschaftsschutz Kleinwalsertal 
„Die Kleinwalsertaler haben sich für den Ifen und gegen den Massentourismus entschieden. Das heißt, der Weg ist offen für Qualität im Tourismus.“


Prof. Dr. Walter Schertler, Universitätsprofessor für Betriebswirtschaftslehre, war zu Gast bei Daniel Rein in Vorarlberg Heute am 22.10.2012. Wir haben das Interview für die Besucher unserer Seite niedergeschrieben:

ORF (Daniel Rein): Durch den Volksentscheid im Kleinwalsertal, wird da jetzt der Niedergang des Tourismus in dieser Region eingeläutet, so wie es die Projektbefürworter suggeriert haben?
Schertler: Also das wäre weit übertrieben, denn die Tourismuskompetenz vom Kleinen Walsertal hat ja eine lange Geschichte und auch der Ausblick scheint mir ein sehr Positiver zu sein. Also von Niedergang kann keine Rede sein. Aber: wir haben andere Rahmenbedingungen offensichtlich, als es bisher der Fall war. Das heißt, die Tourismuswirtschaft, vor allem die Seilbahnwirtschaft, muss wahrscheinlich nicht nur auf die Politik hören, sondern, wie Luther gesagt hat, dem Volk aufs Maul schauen.
ORF: Welchen Einfluss kann diese Entscheidung im Kleinwalsertal für künftige Projekte im Land haben?
Schertler: Das wird eine fundamentale Bedeutung haben. Warum? Weil eben genau diese Volksentscheidung, sprich, dass eine Gemeinde sich zu 75 % Wahlbeteiligung, einfindet und dann mit 55 % gegen ein Tourismusprojekt stimmt, ist sicherlich ein Novum. Das bedeutet für mich, dass die Tourismuswirtschaft  hier eine Rahmenbedingung nun beachten muss, die da lautet: man möge die Bevölkerung in Tourismusprojekte eben von Beginn an einbeziehen. Das scheint mir sehr, sehr bedeutsam zu sein, vor allem weil das Kleinwalsertal ja eine Bevölkerungsgruppe hat, die grundsätzlich ja vom Tourismus abhängt. Also hier gibt es sicherlich neue Entwicklungen, die beachtet werden müssen in Zukunft, was die Willensbildung betrifft.
ORF: Wie schaut‘s denn aus mit der Hotellerie, mit den Beherbergungsbetrieben, sind wir da so weit wie wir es bei den Skiliften auch sind?
Schertler: Die Thematik der Seilbahnen in Vorarlberg ist eine, die in Richtung Komfortentwicklung gehen kann. Das ist absolut möglich. Aber das wahre Problem der Seilbahnwirtschaft ist nicht die Seilbahnwirtschaft und die Erschließungsmöglichkeiten, sondern ist die meistens mangelnde Infrastruktur, sprich vor allem die Beherberbungskapazitäten, die nicht vorhanden sind. Denn was nützt es der Vorarlberger Seilbahnwirtschaft in den Enden unserer Täler – Montafon und Bregenzerwald – zu investieren, um dann einen Tagestourismus zu realisieren an den Wochenenden. Das kann auch nicht im Interesse der Seilbahnwirtschaft liegen, weil die Wirtschaftlichkeit niemals sich einstellen kann. Also wird das wahre Problem, das der Vorarlberger Tourismus hat – Montafon, Hinterer Bregenzerwald – das sind die Kapazitäten in der Hotellerie und Pensionen, also Unterbringungsinfrastruktur generell.
ORF: Alles in allem zusammengefasst, eine gute Entscheidung im Kleinwalsertal aus ihrer Sicht?
Schertler: Ja

Im Vorfeld zur Abstimmung hat der Landschaftsschutz Kleinwalsertal verschiedene Anzeigen im Gemeindeblatt "Der Walser" veröffentlicht.



Zeichnung von D. Willand, aus: bi önsch, Ausgabe 03/1980